Porträt: Auf den Spuren Vadians
Porträt: Auf den Spuren Vadians
Jennifer Deuel kennt die Stadt St.Gallen wie ihre Westentasche. Seit neun Jahren führt sie als Stadtführerin bei St.Gallen-Bodensee Tourismus Einheimische und Touristinnen und Touristen zu den verborgenen Ecken der Reformationsstadt.
Der Kontakt mit den Menschen und die Begeisterung für die Stadt sind Hauptmotivation für ihre Tätigkeit. Als Schulleiterin und Mitglied des Stadtparlaments ist sie lokal auf allen Ebenen stark verankert und präsentiert «ihre» Stadt gerne. «Meine Mission ist dann erfüllt, wenn mir die Gäste sagen: ‹Wir wussten gar nicht, was St.Gallen alles zu bieten hat.›» Auf die Frage nach ihren Lieblingsorten kommt die Antwort schnell: «Die St. Laurenzenkirche hat eine starke Ausstrahlung, ist ein herausragendes neugotisches Bauwerk und eine wunderschöne Kirche. Auch die St. Mangenkirche und der Kreuzgang des ehemaligen Katharinenklosters haben eine starke Ausstrahlung und Kraft.»
Visionärer Vadian
«Mit Blick auf das Vadiandenkmal frage ich die Einheimischen gerne, wer der bedeutendste Stadtsanktgaller sei.» Oft laute die Antwort dann: «Gallus». «Dabei bedeutet Gallus übersetzt ‹der Fremde›. Was Vadian als Einheimischer alles geleistet hat für die Stadt, wird oft vergessen.» Dennoch ist St. Gallen für Jennifer Deuel gleichermassen Gallus- und Reformationsstadt. «In St. Gallen wird der Pioniercharakter von Gallus und Vadian spürbar; zusätzlich geprägt durch das Kloster, den Leinwandhandel und die Stickereien. Gallus und Vadian waren miteinander geistig verwandt. Beide waren weitsichtig, mutig und wiesen eine hohe Emotionalität auf.» Ihre Hochachtung für Vadian wird schnell deutlich: «Er ist eine faszinierende Person, die es in Zeiten unglaublichen Aufruhrs schaffte, Ruhe in die Stadt zu bringen. Er war ein visionärer Mensch, mitfühlend, hochintelligent und ein grosser Diplomat.» Dies zeige sich auch in seinem Schriftbild, er besass ei ne kreative, moderne Schrift.
Verschiedene Themenführungen
Im Rahmen des Reformationsjubiläums wächst das Interesse an den klingenden Themenführungen «Bücher und Tücher» und «Orte der Reformation»: «Unsere Gäste beschäftigen sich nun mit Fragen zur Freundschaft von Vadian und Zwingli oder zum Verhältnis von Vadian zu Luther.» Auch die Täufergeschichte interessiert: «Nur wenige wissen, dass die Gemeinde zu Zeiten von Vadian dreigespalten war in ‹Papisten› [Katholiken], ‹Christen› [Reformierte] und ‹Wiedertoufte›. Welche Rolle spielte wohl Vadians Frau, welche die Schwester des Anführers der Täuferbewegung war?»